Reisebericht 13: Paradiesisches Bauern-Leben in Kirgisen

Das Paradies auf Erden für uns Schweizer liegt wohl am Issyk-Kul See im Nord-Osten von Kirgisien. Der 18000 km2 grosse Issyk-Kul See liegt auf 1600 m in einem sehr fruchtbaren und breiten Tal, umgeben von schneebedeckten Bergen. Die Einwohner hier sind fast ausschliesslich Bauern, eine Industrie gibt es seit dem Zerfall der Sowjetunion nicht mehr. Haupttransportmittel ist ein von Pferden oder Eseln gezogener Holzwagen. Das durch den See bedingte milde Klima lässt hier Früchte und Obst im Überfluss wachsen. Im August hängen die von Aprikosen prall gefüllten Äste von den Gärten auf die Strassen hinunter, Äpfel und Birnen, so gross und süss wie nirgendwo, sind an jeder Strassenecke erhältlich. Aprikosen wachsen auch wild und an jedem Garten darf man sich soviele pflücken, wie man essen kann: es sind sowieso zuviele. In den Dörfen und an den Hauptstrassen werden die süssesten Aprikosen für gerade einmal 1 Som pro Kilo (ca. 2 Rappen) angeboten. Nebst Aprikosen gibt es auch Trauben, Melonen, und getrockenete Fische aus dem See, alles zu Spott-Preisen, die vom Überfluss der köstlichen Ware zeugen. Einige Händler kaufen denn hier auch in grossen Mengen ein und transportieren die Früchte über holprige Strassen in die 700 km nahe gelegene Hauptstadt Bischkek oder nach Kasachstan. Am Sonntag morgen ist in Karakol, einem 90000 Einwohner zählenden Bauerndorf, Tiermarkt. Aus der ganzen Region reisen die Bauern an, um ihre Rinder, Schafe, Milchkühe, Esel, Pferde und Schweine anzubieten. Bereits um 5 Uhr morgens herrscht auf dem Platz ausserhalb der Stadt Betrieb: Holzwagen stehen in Reih und Glied, die Tiere sind auf den Wagen gebunden oder müssen an einer Kette angebunden mitmarschieren. Viele kommen von Orten, die 100 km weit entfernt liegen, und viele sind wohl bereits am Abend aufgebrochen. Die reicheren Bauern lassen ihre Tiere natürlich mit Lastwagen oder Traktor transportieren, auch sieht man Autos gefüllt mit Schweinen und Rindern. Auf dem Marktplatz wird rege verhandelt und gegen 9 Uhr morgens verlassen die meisten den Markt wieder, erleichtert um ihre Tiere oder ihr Geld. Das Angebot ist reichlich und die Preise sehr niedrig. Eine Milchkuh kostet 40 Franken, ein 2-wöchiges Schwein 10-15 Franken, ein Pferd zwischen 300 und 400 Franken. Bei einem durchschnittlichen Monatseinkommen von weniger als 100 Franken sind doch die Pferde ein kleines Vermögen wert. Das Trinkwasser wird in den nahegelegenen Bergen gefasst, die reichlich Wasser führenden Flüssen bewässern die nahegelegenen Felder. Nahe Karakol sprudeln auch viele heisse Quellen, welche in Sowjetzeiten auch als Heilquellen genutzt wurden. In Jeti-Ogyz und Altyn Arashan wurden denn auch riesige Sanatorien gebaut, welche den Parteispitzen als Ferienaufenthaltsort dienten. Entlang des Issyk-Kul Sees soll es über 300 solche Sanatorien gegeben haben. Heute sind nur noch ganz wenige geöffnet, die Parteispitzen Russland ziehen es vor, anderswo zu residieren. So sind die übrig gebliebenen Sanatorien nun selbst zu Sanierfällen geworden.