Reisebericht 2: Ankara, Kappadokien und die Fahrt zur Iranischen Grenze

Familie von Birsen, welche uns gastfreundlich aufnimmt

Blick vom Stadthuegel auf Ankara

alte Gebaeude auf dem Schlosshuegel von Ankara

Im Museum: Marc (Aurel) und Marco verstehen sich auf anhieb

Hoehlenbewohnungen in Kappadokien

Apostel Petra im Moenchstal, wo Christen sich versteckt hielten und auch die Wiege des Christentums vermutet wird

Blick auf Tuffsteinkegelformationen bei Urgup

Auf unserer Reise entlang der Seidenstrasse besuchen wir Ankara, eine Stadt, welche Marco Polo auf seiner Reise noch nicht angetroffen hatte. Ankara ist eine moderne Verwaltungsstadt, welche der Gründer der Türkei, Atatürk, dessen Antlitz an fast jeder Strassenecke sichtbar ist, konstruierte, um mit einem effizienten Militär- und Verwaltungsapparat das Land zu regieren. Heute leben 2.5 Mio Einwohner in der schnell expandierenden Stadt inmitten der hügeligen Landschaft des inneranatolischen Hochlands. Die Stadt wird von einer Burganlage (Akkale oder weisse Burg genannt) aus der byzantinischen Zeit dominiert, welche heute noch von wohlhabenderen Türkischen Familien bewohnt wird. Gleich um die Ecke der Burg liegt das wohl sehenswerteste Museum Anakaras: das staatliche Museum für Anatolische Kulturen mit einer einmaligen Ausstellung zur Frühgeschichte unserer Zivilisation. Insbesondere die Fruchtbarkeitsfiguren lassen darauf hindeuten, dass die ersten sesshaften Kulturen matriarchalisch organisiert waren!

An einem Abend treffen wir im Restaurant zufälligerweise eine grosse Festgesellschaft, welche das traditionelle Beschneidungsfest feiert. Der Junge, geschmückt mit Schärpe und blauer Offiziersmütze sitzt auf einer Art Thron. Eine laute Musik lädt zum Tanzen ein und Männer und Frauen üben sich in allerlei Volks- und Bauchtänzen. Später wird der Junge unter den Augen aller Anwesenden beschnitten, und wird damit zum Mann. Die Gäste überreichen Geschenke, welche dem Jungen als Auszeichnung für seine Tapferkeit angeboten werden.

Wie schon in Istanbul, holt uns der Muezzin, bzw. der Lautsprecher, auch hier schon um 4 Uhr morgens aus dem Schlaf. Die Moschee liegt gleich um die Ecke unseres Hotels. Wir tragen es gelassen und so stehen wir morgens um 7 Uhr an der Strassenecke neben unserem Hotel, bereit zur Abfahrt nach Kappadokien. Schon seit einer Stunde herrscht auf den Strassen Hochbetrieb. Männer jeden Alters stehen herum, um sich als Taglöhner dem erst besten Arbeitgeber anzubieten. Die Schuputzer haben da leichte Arbeit, will doch keiner mit ungewichsten Schuhen zur Arbeit antreten. Bei einer Arbeitslosenrate von über 25% der einzige Weg, um eine Familie mit Duzenden von Kindern zu ernähren.

Mit einem modernen klimatisierten Autobus fahren wir nach Kappadokien, um in eine ganz andere Welt einzutauchen: in die Wiege unserer eigenen Zivilisation. Um 5000 vor unserer Zeitrechnung haben sich hier bereits erste Völker sesshaft gemacht und Städte gegründet. Davon sind einige ganz besonders bemerkenswert. So gibt es ca. 30 unterirdische Höhlenstadte, in denen bis zu 100000 Menschen gelebt haben. 50m unter der Erde, mit Bewässerungsanlage und Luftschächten, boten diese Behausungen in der unwirtlichen Gegend Schutz vor Hitze und Kälte, aber auch vor wilden Tieren und feindlichen Völkern. Touristisch am besten erschlossen und deswegen wohl gleichsam bedeutend, sind die Höhlenbehausungen in alten Tuffsteinkegeln, meist mehrere Stockwerke hoch. So klettern wir also einen Nachmittag lang in Höhlengängen und Höhlenbehausungen unserer Ururväter. Wir sind stets willkommene Gäste, da es an jeder Ecke Schmuckwaren und Souvenirs zu kaufen gibt. Die Türken sind bei potentiellen Käufern immer gute Gastgeber (Tee, Nüsse, etc) und Unterhalter in jeglichen europäischen Sprachen. So verlassen wir Kapadokien mit vielen Eindrücken und einer Silberhalskette und einigen Onyx Gegenständen.

Ostwärts wird die Vegetation immer karger und die Strassen schlechter. Mit einem nichtklimatisierten Bus fahren wir in der brütenden Hitze nach Erzurum, dann weiter zur Iranischen Grenze. Die Schlaglöcher in der Strasse werden immer grösser, zuweilen fahren wir auf Schotter oder Naturstrassen. Die Hauser und Dörfer bieten einen erbärmlichen Eindruck: wohl haben die kinderreichen Anatolischen Familienväter Ihre Heimat verlassen und sind in der Hoffnung auf eine bessere Arbeit nach Ankara gezogen. Dort bauen sie innerhalb einer Nacht ein neüs Haus mit Dach über dem Kopf (ca. 60 % aller Häuser sind solche ‘Gecekondu’ Häuser). Da ein islamisches Gesetz es jederman erlaubt, eine innerhalb eines Tages aufgebaute Behausung nicht wieder abreisen zu müssen, schiessen solche Bewohnungen am Rande der grossen Städte überall aus dem Boden.

Auf dem Weg zur Iranischen Grenze wird der Bus mehrmals von Polizei und Militär angehalten und durchsucht. Doch nach Durchsicht des Schweizer Passes und der Beneinung der Frage, ob wir Türkisch sprechen, ist alles in Ordnung und wir können weiterfahren. Ein anderes Mal hält uns ein Milizionär auf, um nach einer Flasche Wasser zu fragen. Tja, auch das Militär hat Durst. Endlich öffnet sich vor uns der Berg, an dem die Arche Noah gestrandet sein soll: der über 5000m hohe Berg Ararat. Die iranische Grenze kann nicht mehr weit sein. Das letzte Stück müssen wir über eine Schutthalde zu Fuss gehen. Im Zollhaus warten wir eine gute Stunde, bis unser Pass von den Türkischen Behörden endlich abgestempelt wird. Von nun an wechselt das Abbild Atatürks mit demjenigen Ayatollah Khomeinis. Die Iranische Seite bietet allerdings einen sehr viel zivilisierteren Anblick. Die Zoll und Papierkontrolle ist in 5 Minuten erledigt und wir werden von unserem Reiseführer Achmat herzlich willkommen geheissen. Dieser hatte zusammen mit seinem Fahrer Hassan bereits 4 Stunden auf uns gewartet. Wir verpflegen uns im lokalen Hotel während wir auf Hassan warten, der angeblich in der Moschee schlafen gegangen ist. Mittagsschlaf in der Moschee ist eine Gepflogenheit, die uns später auf unserer Reise noch einige Male begegnen sollte...

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Vase fuer rituelle Handlungen mit Fruchtbarkeitsgoettin - 5000 Jahre alt

Tonfigur der Magna Mater im Museum fuer Anatolische Kulturen

Tunnels und Gaenge in der Untergrundstadt

Blick auf die Hoehlenstadt Goereme

Goereme mit Kamel im Vordergrund

Tuffhoehlenhaus in Goereme, heute ein Souvenirladen

Last update: 25.9.2000, © Marco Ziegler